Samstag, 7. März 2015

heute vor zwei Jahren

...war das Wetter auch so. Es war Donnerstag, heute vor genau zwei Jahren. Spätschicht hatte ich. Im Büro der Kollegin etwas erklärt. Das Telefongespräch angenommen ohne aufs Display zu schauen.

“ER IST TOT”

noch lauter, schriller, schneller werden “ER IST TOT”

nochchmal lauter nochmal schriller “HAT SICH AUFGEHÄNGT”

“wer ?” - leicht im Zweifel ob die Gattin mal wieder einen Alkoholrückfall hat, nochmals leise

“wer ?” einfach um Sie ein wenig runter zu zwingen

“ER, ER - - - ER IST TOT - HAT SICH AUFGEHÄNGT IN SEINEM GARTEN”

“dein vater, tot - - - selbstmord ?” - die Kollegen bekommen es mit, natürlich zieht es mir den Boden unter den Füßen weg.

Nachdem die Schwiegermutter vergeblich zum Mittagessen auf den Schwiegervater gewartet hatte. Ist nicht zurückgekommen aus seinem Garten. Ob meine Frau vielleicht nach ihm sehen könne...? Da ich aber das Auto zur Arbeit mitgenommen haben stellt sich das als schwierig dar. Die Schwiegermutter hatte dann die Schwägerin gebeten. Die hat ihn dann gefunden.

Alarm in der ganzen Familie. Klar Alarm in der ganzen Familie.

symtomatisch

Für das schwierige Verhältnis vielleicht auch die Tatsache, dass im Kalender, in dem jedes Ereignis penibel notiert wird, heute am Todestag ihres Vaters nur steht: “2. Todestag Opa Schorsch”

Nicht nur sein Name, nicht Papa, nicht Vater. Papa und Vater der er ihr so nie war, da Sie doch nicht einmal adoptiert war, da es nur ihr Stiefvater war, der Sie vielleicht genauso wenig angenommen hat bis zu seinem Selbstmord, wie Sie ihn.

Opa Schorsch, war er für ihre Tochter. Für Sie war es ein Leben lang Kampf um seine Anerkennung, den Sie nie gewann.

Freitag, 6. März 2015

Schock

Er wird es wohl nicht überleben, liegt auf der Intensiv (noch), sagt sein Chef. Praktisch ungebremst mit 85 km/h, aber das ist ja erlaubt, ist er auf das Stauende aufgefahren, mit seinem LKW. Noch 3 Autos hat er aufeinander geschoben. 2 Stunden haben Sie ihn rausgeschnitten aus dem Führerhaus.  Die Hütte, sei komplett zerstört gewesen. Keinen gesunden Knochen mehr, die Angehörigen sollen sofort ins Krankenhaus kommen. 2 Stunden nachdem er seine Nachttour begonnen hat. Frontal. So gleichmäßig wie die Hütte zerstört ist, kann man keine Ausweichbewegung feststellen.

War er kurz unaufmerksam. Wollte er vielleicht im Rückspiegel sehen, ob er überholen kann, war es was medizinisches, vielleicht war er ja gar nicht bei Sinnen, eine Ohnmacht, eine Herzattacke. Gerade, ungebremst.

Die Kollegen sagen, ein Abstandswarner, ein Notbremssystem an seinem 1/2 Jahr alten LKW hätte 1500€ gekostet. Vielleicht auch mehr, denke ich. Vielleicht 5000€. Bei einem Kaufpreis des LKW weit jenseits der 100.000€, oder wie es ein anderer formuliert, es hätte die Leasingrate um 10€ verteuert - klar Polemik pur.In einer Branche, die sich selbst einem immensen Kostendruck stellt. Ja, die, die die LKWs beschaffen und bezahlen müssen rechnen mit jedem Cent. Können sich schon nicht mehr erinnern, wann es für den Fahrer die letzte Lohnerhöhung gab, wissen nur noch, dass Sie im November eine Lohnerhöhung für das nächste Jahr kategorisch ausschlossen.

Seine Frau ist jetzt bei ihm, ist die 160 km gefahren, hat sich ein Hotelzimmer iin der Nähe des Krankenhaus genommen, man weiß es nicht wie es ausgeht, die Firma zahlt das Hotel - ist doch selbstverständlich. Nach dem Wochenende wissen wir mehr.

Ich hatte noch mit ihm gesprochen, zwei Stunden bevor es passierte. Er lies sich noch das ok. für eine seiner Entscheidungen geben, sonst alles klar. Das sind doch auch bald 16 Jahre, dass ich ihn kenne. Weniger von Angesicht zu Angesicht, er war ja im Norden stationiert. Ich verstand ihn auch so schwer, sein Dialekt, eine nuschelige Sprache, und alles durchs Telefon. Seit einigen Monaten sah man ihn dann kurz im Büro, wenn er seine Papiere holte oder abgab.

Klar sind wir alle geschockt. Klar drücken wir die Daumen.